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Wie Hobby-Kicker zu TV-Stars werden

Start-Ups wollen unterklassigen Fußball auf die große Bühne bringen.

Zwei Firmen versuchen, den Amateurfußball ins TV zu bringen. Mit Internetplattformen und innovativen Kamerasystemen soll sich auch die Kreisklasse bald wie Champions League anfühlen.

Die Seele des Fußballs findet der Fan nicht in den hypermodernen Sporttempeln in Dortmund oder München. Er findet sie auf den vielen hundert Amateurplätzen der Republik, da wo die Deutschen ihren liebsten Sport mit Inbrunst selber zelebrieren. Doch im Gegensatz zu den Profis finden diese Spiele oft wenig Beachtung. 99 Prozent aller Fußballpartien in Deutschland überträgt keine Sender.

Sollte sich das ändern? Haben die Menschen an unterklassigem Gekicke überhaupt Interesse? Die Gründer des Essener Start-Ups „Soccerwatch“ glauben daran. Seit einigen Monaten testet die Firma ihr eigens entwickeltes Kamerasystem, mit dem bald jeder Verein seine Spiele online übertragen können soll, unabhängig von der Liga.
„Soccerwatch“ installiert die Kamera, die dann vollautomatisch arbeitet. Sie schaltet sich zu Spielbeginn ein, erfasst – zum Beispiel am Flutlichtmast montiert – ein 180-Grad-Panorama und strahlt das Spiel auf der hauseigenen Plattform „Soccerwatch.tv“ aus. Das Gerät erkennt auch wichtige Spielszenen wie Tore oder Elfmeter und schneidet nach dem Spiel Clips mit wichtigen Szenen zusammen.

„Wir sehen für unsere Live-Streaminglösung ein sehr großes Potenzial, nicht nur, weil die Zuschauer davon profitieren, sondern auch, weil die Vereine zusätzliche Einnahmen generieren können“, erklärt Geschäftsführer Georg Moser. Denn das Webangebot soll zwar kostenfrei sein. Doch regionale Sponsoren sollen bei den Spielen aus ihrer Region Werbung schalten. Die Vereine werden an diesen Einnahmen beteiligt. Mit einem extra programmierten Trainertool sollen die Übungsleiter der Klubs außerdem Videoanalysen erstellen können.

Konkurrenz aus Köln

Mit dieser Einnahmebeteiligung unterscheidet sich „Soccerwatch“ auch vom größten Konkurrenten „Sporttotal“. Die Kölner haben ein ähnliches Konzept, mit „Bild“ bereits einen mächtigen Medienpartner im Boot. Bei Sporttotal sind die Macher schon ein gutes Stück weiter. Die Firma hat bereits langjährige Erfahrung in der Sportübertragung, etwa bei der Formel 1 auf RTL. 50 Spiele pro Wochenende überträgt das Unternehmen momentan, mit dem Deutschen Fußballbund gibt es eine Kooperationsvereinbarung.

„Soccerwatch“ muss da noch aufholen. Bis Ende des Jahres wollen die Essener 50 Kamerasysteme installieren, Anfang 2018 soll das Angebot dann bundesweit starten. Zur Umsetzung haben sich die Essener große Partner ins Boot geholt. Der Dortmunder IT-Dienstleister Adesso hat mitgeholfen, die Bilderkennungssoftware zu programmieren, wie Vorstand Christoph Junge erzählt. „Das Lösungskonzept von soccerwatch.tv ist äußerst innovativ“, meint er.
Für die Datenübertragung per Internet ist wiederum Vodafone zuständig. Geplant ist eine Übertragung mit LTE-Geschwindigkeit und HD-Bildqualität.

Ob die Firma damit den Vorsprung von „Sporttotal“ aufholen kann, bleibt abzuwarten. Und auch, wie groß die Nachfrage nach Amateurfußball wirklich ist. „Sporttotal“ erreicht im Schnitt zumindest mehrere tausend Nutzer pro Spiel. Dazu gehören aber auch Partien in den semiprofessionellen Regional- und Oberligen. Es ist fraglich, ob dieses Interesse auch in der Kreisliga herrscht.