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Warum die Deutschen so schlecht Englisch sprechen

Unternehmen verlangen vermehrt Englischkenntnisse. Deutsche Bewerber können die leider häufig nicht bieten.

Viele Arbeitgeber setzen voraus, dass neue Mitarbeiter im Englischen verhandlungssicher sind. Doch eine Studie zeigt: Die Deutschen hinken ihren europäischen Nachbarn hinterher.

Deutschland zählt zu den größten Exporteuren weltweit. Wer auf den globalen Märkten Erfolg haben will, kommt mit Deutsch nicht weit – ohne fortgeschrittene Englischkenntnisse geht es nicht. Eigentlich eine Selbstverständlichkeit. Doch ausgerechnet Deutschland, die viertgrößte Volkswirtschaft der Welt, hat Nachholbedarf.

EF Education First, Anbieter von Sprach- und anderen Bildungsprogrammen, hat in 80 Ländern, in denen Englisch nicht die Muttersprache ist, den Kenntnisstand abgefragt. Deutschland landet auf Platz neun, was zunächst gut klingt. Doch die Länder auf den hinteren Plätzen sind zumeist Entwicklungsländer wie Laos oder Libyen, aus denen deutschen Bewerbern zumindest bei höher qualifizierten Jobs keine Konkurrenz droht. Vorne landen unterdessen europäische Nachbarn: die Niederlande (Platz 1), Dänemark (Platz 3) oder Luxemburg (Platz 7). Bereits zum siebten Mal hat EF seinen „English Proficiency Index“ erstellt. Auch die Kenntnisstände verschiedener Städte hat das Unternehmen erfasst. Kurioserweise landen in Deutschland dabei ausgerechnet die Hauptstadt Berlin und die Bankenmetropole Frankfurt auf den letzten Plätzen. Topwerte erzielen Hamburg und Düsseldorf. Deutschland habe im Vergleich zum Vorjahr insgesamt aber abgebaut, sagen  die Studienautoren.

Die Gründe dafür sind laut EF vielfältig. Fremdsprachen werden in Deutschland eher spät gelehrt. Zwar gibt es mittlerweile auch Grundschulen und Kindergärten, die Grundkenntnisse im Englischen vermitteln, die Regel ist das aber nicht. Und auch später im Leben kommen junge Deutsche mit der englischen Sprache  eher selten in Kontakt. Studenten aus der Bundesrepublik gehen im Vergleich zu anderen europäischen Ländern seltener ins Ausland, fest eingeplant sind solche Aufenthalte in kaum einem Studiengang. Dazu kommt, dass Englisch im Alltag nicht so präsent ist wie etwa in Skandinavien und den Niederlanden. Dort werden Filme und Serien oft nicht synchronisiert. Wer als Zuschauer etwas verstehen will, muss Englisch können.

Problematisch ist das, weil viele Unternehmen mittlerweile erwarten, dass Bewerber auf Englisch kommunizieren können. „Englisch ist unsere offizielle Konzernsprache“, sagte etwa ein Personaler vom Chemiekonzern Bayer vor kurzem bei einer Veranstaltung der Arbeitsagentur. Niklas Kutat, Geschäftsführer von EF Deutschland erklärt zudem, dass auch außerhalb des Arbeitsumfeldes Englisch weiterhelfen kann. „Länder mit besseren Englischkenntnissen weisen tendenziell ein höheres Durchschnittseinkommen sowie eine höhere Lebensqualität auf“, ergänzt er.

Den Deutschen ist dieses Problem durchaus bewusst. Laut einer Umfrage der Gesellschaft für Konsumforschung glauben vor allem Menschen im Alter von 14 bis 29 Jahren, ihr Englisch sei verbesserungswürdig. Die meisten sind Abiturienten und Studenten, während solche mit niedrigeren Abschlüssen das Problem eher gelassen betrachten.

Von diesen Sorgen profitieren Sprachschulen wie etwa EF Education First oder Wall Street English. Aber auch neue Angebote wie die Sprachlern-App „Babbel“, die mittlerweile mehr als eine Million aktive Nutzer vorweisen kann. „Gute Sprachkenntnisse sind in vielen Fällen ein entscheidender Karrierefaktor“, erklärt deren Gründer Markus Witte im Interview mit „Wirtschaftswoche Gründer“.

Doch auch außerhalb organisierter Angebote kann man sein Englisch aufpolieren. Sprachwissenschaftler empfehlen etwa, Vokabeln dort zu lernen, wo man sie einsetzt. Wer etwa für geschäftliche Gespräche paukt, sollte das am Schreibtisch tun. Außerdem hilfreich: Laut Englisch sprechen, wenn man allein ist. Klingt seltsam, doch so gewöhnt sich das Gehirn an die Sprache.