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Smarter Fußball: Torlinientechnik nicht das Ende der (Eck)-Fahnenstange

Adidas Smart Ball / Quelle: Adidas

Zu Sepp Herbergers Zeiten war der Fußball noch so einfach: „Das Runde muss ins Eckige“, lautet einer seiner markanten Weisheiten, so denn der Fußball-Folklore geglaubt werden kann. Heutzutage gehört jedoch mehr dazu als Laufbereitschaft, Leidenschaft und die Finesse herausragender Spielerfiguren. Der moderne Fußball verlässt sich auch auf Bits und Bytes. Die Torlinientechnik „Goal Control“ ist dabei aktuell sicher das prominenteste Beispiel.

Das ausgeklügelte Kamerasystem aus Würselen hat bei der diesjährigen Weltmeisterschaft in Brasilien schon die ein oder andere kritische Tor-Szene aufklären können. Und trotz hitziger Debatten über das Für und Wider der Technologie – zumindest die Schiedsrichter sind begeistert. Klar ist aber auch: 40 Jahre leidenschaftliche Diskussion über „Drin oder Nicht?“, wie beim legendären Wembley-Tor, wird es in Zukunft nicht mehr geben. Damit nicht genug, setzt der moderne Fußball auch in anderen Bereichen auf High-Tech.

Schon bei dem Schuhwerk der Profis fängt es an: Carbon und Glasfaser statt Leder; reißfest, bruchsicher, wasserabweisend und atmungsaktiv und trotzdem leicht wie eine Feder. Die Stollen perfekt angeordnet für 360-Grad-Drehungen. Der neuste Schrei ist der „Strickschuh“. Genaugenommen ist dieser Schuh nicht viel mehr als ein Socken. Mario Götze ist von seinem Modell, dem „Nike Magista“, überzeugt: „Das ist eine Innovation. Gerade ich als kreativer Spieler, der viel Kontrolle über den Ball haben möchte, bin dadurch noch näher am Ball.“ Ein erstes Tor mit dem High-Tech-Söckchen steht allerdings noch aus – Kopf-Knie zählt nicht.

„Der Ball ist unser Dolmetscher.“ – S.H.

Auch das „runde Leder“ ist seit Jahren nicht mehr das, was es sprichwörtlich zu sein scheint. Die deutsche Firma Adidas liefert traditionell zu jeder Weltmeisterschaft eine neue „Pille“. Den „Brazuca“ für die WM in Brasilien feiert das Unternehmen schon vor dem ersten Anpfiff als Ikone. Butylblase, Karkasse und Oberflächenstruktur, die Hauptbestandteile des Balles, setzen auf modernste Spitzentechnologie. Der Ball besteht nur aus weniger Einzelteilen, was ihn weniger anfällig und insgesamt robuster macht. Dass der Ball auch twittert wird dabei zur Randnotiz.

Zwei andere spannende Ideen, die Adidas im Zuge der Weltmeisterschaft vorgestellt hat, sind der Kamera-Ball und der Smart Ball. Ersterer soll dank integrierter Mini-Kameras eine ganz neue Spielperspektive ermöglichen. Bei der Kopfabwehr ganz nah bei Mats Hummels – besonders für weibliche Fans sicher eine schöne Vorstellung. Die Ballperspektive bei einem gezirkelten Freistoß, vorbei an Mauer und Pfosten ist dagegen nur etwas für schwindelfreie Fußballfans. „Brazucam“ , so der passende Name für den sehenden Ball.

Beim Smart Ball setzt die Firma hingegen auf eine weiter verbreitete Idee: Was wäre, wenn man einen Ball mit einem Chip ausrüstet, der alle erdenklichen Daten festhält? Der Smart Ball soll Trainern und Teams bei der Auswertung von Spielerdaten helfen. Wie schnell wird der Ball beschleunigt? Wo wird er vom Spieler getroffen? Wie viele Kontakte hat ein Dribbling? Via Bluetooth werden die Daten gesendet und dann am Smartphone ausgewertet.

„Fußball ist deshalb spannend, weil niemand weiß, wie das Spiel ausgeht.“ – S.H.

Während Ball und Schuhe zum Standardrepertoire gehören und somit unabdingbar zum Sport gehören, werden zunehmend auch Taktik, Analyse und Training mit technologischen Hilfsmitteln betrieben. Der schwedische Frauen-Zweitligist Hammarby IF hat eine bis jetzt eher exotische Technik im Einsatz: Eine Videodrohne zur Überwachung und Analyse bei Trainings. Aus 50 Metern Höhe nimmt das Trainingsgerät Bilder auf und übermittelt sie an den Trainerstab, der in Echtzeit die Umsetzung von Spielzügen und Aufstellung kontrolliert.

„Nach dem Spiel ist vor dem Spiel.“ – S.H.

Wen Drohnen-, Schuh-, und Balltechnologie unbeeindruckt lassen, für den hat Borussia Dortmund noch etwas mehr zu bieten. Der Ruhrpott-Verein besitzt nämlich einen „Footbonaut“, eines der womöglich modernsten Trainingsgeräte der Welt. Eine ganze Halle ist nötig, um Bälle, Ballmaschine, Spielfeld unterzubringen. Das Prinzip ähnelt dem einer Tennis-Ballmaschine, jedoch mit dem Unterschied, dass die Bälle aus allen Himmelsrichtungen geschossen werden – und jeder einzelne passgenau seinen Weg vom Spieler zurück zum Ziel finden soll.

Bei aller Spitzentechnologie bleibt eine Komponente im Fußball jedoch auf lange Sicht die spannendste – der Spieler mit seinen Fehlern, Unberechenbarkeiten und seiner individuellen Form. Beim alten Sepp Herberger klang das so: „Freilich muss ich Dummheiten verhindern. Aber doch nicht alle! Wer meint, er könne alle Dummheiten wegtrainieren, der ist ein Dummkopf.“