Angestellte sollen im Krisenfall schneller aufgespürt werden können.
Terroranschläge, Naturkatastrophen, organisierte Kriminalität – fast überall auf der Welt können Mitarbeiter von Unternehmen in Gefahr geraten. Neue Services sollen Arbeitgebern helfen, im Ernstfall ihre Angestellten schnell aufzuspüren und zu schützen.
Wenn die Krise kommt, bringt sie Chaos mit sich. Sind Kollegen in der Nähe? Droht ihnen Gefahr? Die Fragen zu beantworten, ist schwierig, wenn etwa Telefonverbindungen und Internet zusammenbrechen. Doch auch in solchen Grenzsituationen wollen und müssen Arbeitgeber ihrer Fürsorgepflicht gerecht werden, müssen sie Hilfe organisieren und die Angehörigen informieren können.
Seit Jahren bemühen sich Software-Anbieter, Unternehmen in solchen Situationen zu unterstützen. So auch die SAP-Tochter Concur mit Sitz in Bellevue, Washington, die Systeme für das Management von Geschäftsreisen entwickelt. Sie will mit den Programmen „Locate“ und „Active Monitoring“ eine umfassende Lösung bieten, um Mitarbeiter im Krisenfall zu kontaktieren und zu betreuen.
Die Idee: „Locate wertet die Datensätze anderer Concur-Anwendungen zur Reiseverwaltung aus und bündelt die Ergebnisse. So kann das Programm auflisten, welche Mitarbeiter Flüge und Hotels in bestimmte Regionen gebucht haben. Oder wer dorthin für längere Zeit entsandt wurde.
Passiert nun etwas, kann der Arbeitgeber mithilfe von „Locate“ die Angestellten, die sich in der Nähe zum Beispiel einer Terrorattacke aufhalten, direktkontaktieren, wahlweise per SMS, E-Mail oder über die Concur-App. Und die Mitarbeiter können sich auch direkt an den Chef wenden, um Infos oder Anweisungen zu erbitten.
Solche Services bieten auch andere Unternehmen an. Allerdings sei der Datenbestand von Concur deutlich größer als der aller Konkurrenten, sagt Mike Eberhard, Topmanager aus der Geschäftsführung von Concur. Und das Angebot habe sich in Testläufen schon bewährt. „Bei den jüngsten globalen Ereignissen war Concur in der Lage, Mitarbeiter in betroffenen Regionen innerhalb einer Stunde zu lokalisieren“, erklärt er.
Ergänzend zu „Locate“ bietet Concur auch noch „Active Monitoring“ an. Der Kooperationspartner HX Global, der sich genau auf solche Sicherheitsservices spezialisiert hat, überwacht auf Wunsch die „Locate“-Daten, auch außerhalb üblicher Geschäftszeiten. Ein Vorteil, wenn Mitarbeiter in unterschiedlichen Zeitzonen tätig sind.
Aber gibt es tatsächlich einen Bedarf für diese neuen Anwendungen? Die Global Business Travel Association (GBTA), ein weltweiter Verband für Reisemanager, meint: Ja. „Drei von fünf Reisemanagern verlassen sich darauf, dass die Mitarbeiter sich im Krisenfall melden“, erklärt die Organisation. Aber die meisten Beschäftigten wüssten gar nicht, wer der richtige Ansprechpartner im Unternehmen seien. Die meisten würden sich direkt an ihren Vorgesetzten wenden, der ihnen aber in der Regel ohne Unterstützung nicht helfen kann.
Ein großes Problem von Lokalisierungsprogrammen wie Locate ist, dass die Mitarbeiter zunehmend ihre Reisen direkt beim Anbieter buchen, nicht über ihr Unternehmen. Laut der GBTA betrifft das mittlerweile 42 Prozent aller Trips. Concur will hier mit Daten aus seinem Triplink-Programm gegensteuern, das auch über Drittanbieter gebuchte Reisen erfasst.
Ein Markt für neue Angebote ist also da. Und er wächst voraussichtlich: 2016 lagen die weltweiten Ausgaben für Geschäftsreisen bei 1,3 Billionen Dollar, ein Höchstwert. 2020 sollen es sogar 1,6 Billionen Dollar sein, schätzt die GBTA. Inwieweit Concur mit seinen neuen Angeboten von diesem Wachstum profitieren kann, wird sich zeigen. Die Chancen stehen zumindest nicht schlecht.