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Lufthansa verschenkt Big Data

Die größte deutsche Airline stellt externen und internen Partnern mit einer Schnittstelle Daten aus dem eigenen Konzern kostenlos zur Verfügung. Das Ziel: neue Vertriebswege erschließen.

Theaterbesuch in London, Anreise per Flugzeug, Übernachten im Hotel: Wer solch ein Wochenende plant, der muss sich seine Reise in der Regel über mehrere Internetseiten zusammenbuchen. Die Lufthansa will genau das vereinfachen, indem sie sich mit Plattformen für Veranstaltungskarten verbündet. Auf solchen Online-Marktplätzen sollen die Kunden auch gleich Flugtickets kaufen können.

Möglich macht das seit Jahresbeginn eine neue Funktion der Lufthansa Open API (API = Application Programming Interface). API ist eine Schnittstelle über die die Lufthansa Daten an Unternehmen standardisiert übermittelt. Bereits 2016 haben sich mehr als 1.100 Entwickler aus 113 Ländern dort registriert, um ihre Produkte mit Informationen aus der Welt der deutschen Airline zu verknüpfen. Auch der konzerneigene Chat-Bot „Mildred“ der Fluggesellschaft beantwortet Fluganfragen mit Informationen, die er unter anderem über die Open API bezieht. Und auch externe Dienste wie „Flightstats“ und „FlightAware“ greifen auf die Schnittstelle zu, um Reisende in Echtzeit über den Status von Lufthansa-Flügen zu informieren.

Entwickelt hat das Ganze der Lufthansa Innovation Hub, eine Tochter der Airline. 2015 in Berlin gegründet soll es unter anderem digitale Lösungen für den Konzern im Reisemarkt finden. Durch die neue Erweiterung der API können Entwickler direkte Buchungslinks zu Angeboten von Lufthansa, Eurowings und Austrian Airlines in ihre Web- und App-Angebote integrieren. Zudem erhalten sie eine Provision, wenn auf diese Weise jemand auf lufthansa.com einen Flug bucht.

Airlines wie Lufthansa oder British Airways versuchten inzwischen ihre Dienstleistungen während der gesamten Reisekette anzubieten – vom Flug, über einen Mietwagen, bis hin zum Ferienhaus, sagt Björn Maul, Luftfahrtexperte bei der Strategieberatung Oliver Wyman. „Dabei setzen sie vor allem auf Kooperationen.“ Anstatt direkt eigene Angebote aufzubauen. So arbeite zum Beispiel Easy Jet mit dem Hotelbuchungsportal booking.com zusammen. „Die offenen Datenschnittstellen sind nun ein neuer Weg für Fluggesellschaften, Tickets auf anderen Plattformen zu verkaufen“, sagt der Experte. Aus seiner Sicht experimentieren derzeit viele Unternehmen und probieren neue technische Wege aus. Die Devise: Wenn es klappe, sei es gut. Wenn nicht, sei es auch gut, dann habe man immerhin etwas  gelernt.

So setzt zum Beispiel auch die Deutsche Bahn auf offene Datenschnittstellen. Der Konzern hat bereits vergangenes Jahr seine Fahrplandaten für den Fernverkehr freigegeben. Zuvor standen sie nur ausgewählten Partnern, wie Google zur Verfügung. Durch die Öffnung für andere Drittanbieter sind bisher schon einige neue Apps und Internetseiten, wie „Adam API Live Map“, entstanden. Die Seite zeigt die Betriebszustände aller Aufzüge und Rolltreppen der Deutschen Bahn auf einer Karte an. Wichtig etwa für Menschen im Rollstuhl.

Den Verkauf von Theaterkarten und Flugtickets zu kombinieren ist nur ein Beispiel für den Einsatz der Lufthansa Open API. Denkbar sind auch Buchungsplattformen, die Wetterdaten mit Flugdaten abgleichen und für Last-Minute-Reisende ausschließlich Urlaubsziele anzeigen, für die schönes Wetter vorhergesagt wird. „Ab sofort können tausende Entwickler einen direkten Zugang zur Buchung von Flügen der Lufthansa Group anbieten“, sagt Reinhard Lanegger, Projektleiter der Open API bei der Fluggesellschaft. Der Anreiz: Sie könnten so ihre Web- und App-Angebote mit Lufthansa-Produkten aufwerten und „erhalten zusätzlich eine Vergütung, wenn das integrierte Angebot zu Buchungen auf lufthansa.com führt.“