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Kreidetafel statt Whiteboard

Die Digitalisierung ist in vielen deutschen Klassenzimmern noch nicht angekommen.

Deutschlands Schulen hinken in Sachen Digitalisierung anderen Ländern weit hinterher. Für Schüler wird das zum Problem – und für die Wirtschaft insgesamt.

Der Computerschock kam 2014. Damals veröffentlichte „International Association for the Evaluation of Educational Achievement“ (IEA) die „International Computer and Information Literacy Study“ (ICILS), ein Vergleich der IT-Kompetenz von

Achtklässlern weltweit. Das Ergebnis: In Deutschland setzen Schulen den Computer im Unterricht so selten ein wie sonst nirgendwo in den Industrieländern. Auch Programmierkenntnisse erwerben die wenigsten Schüler, der Informatikunterricht bleibt oft oberflächlich.

Viel getan hat sich seitdem nicht. Besonders dramatisch ist das, weil andere Länder schon längst weiter sind. In Großbritannien etwa lernen schon Fünfjährige programmieren, bis zum 14. Lebensjahr ist es für alle Schüler im Land ein Pflichtfach. Die Konsequenzen dieses digitalen Rückstandes bedrohen den Arbeitsmarkt. Viele „analoge“ Jobs wirden bis 2030 verloren gehen, die Unternehmensberatung McKinsey spricht von 800 Millionen weltweit. Auf der anderen Seite werden IT-Fachkräfte händeringend gesucht. Ohne sie ist die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands bedroht.

Die sich abzeichnende sozioökonomische Spaltung könnte sich noch vertiefen.  Denn die Schulen könnten noch immer nicht die unterschiedlichen digitalen Kompetenzen der Schüler angleichen, beklagt Birgit Eickelmann, Professorin für Schulpädagogik an der Universität Paderborn, bei der Vorstellung einer neuen Studie für die Friedrich-Ebert-Stiftung. Fast 30 Prozent der 14-Jährigen sind laut der Expertise nicht in der Lage, kompetent mit digitalen Medien umzugehen. Die Schere zwischen denen, die abgehängt werden und dem Rest drohe noch größer zu werden, warnt Eickelmann.

Besonders von der vergleichsweise schlechten digitalen Ausbildung betroffen sind der Expertin zufolge Kinder aus sozial schwachen Familien. Sie würden noch mehr abgehängt, da sie zuhause nicht diese Kompetenz im Gegensatz zu Kindern aus besserem Hause vermittelt bekämen, analysiert Eickelmann. „Es besteht ein unheimlich großer Handlungsbedarf.“

Dabei erklärte selbst Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) vergangenes Jahr, das Programmieren neben Lesen, Schreiben und Rechnen eine der Grundfähigkeiten werden solle, die Schüler in jedem Fall erwerben müssten. Doch scheint das aktuell nur Wunschdenken zu sein. Gerade einmal 40 Prozent der Lehrer sehen sich in der Lage, Schülern das Programmieren beizubringen. Auf Quereinsteiger aus der IT-Branche können Schulen auch nicht hoffen. Zu gut sind die Gehälter von Programmieren in der freien Wirtschaft im Vergleich zu den von Lehrern.

In ihren Koalitionsverhandlungen haben nun SPD und Union beschlossen, in Zukunft möglichst alle Schulen mit WLAN, Beamern und zeitgemäßen Computern auszustatten. Die Initiative ist Teil der neu geplanten Bildungskooperation zwischen Bund und Ländern. Ein überfälliger Schritt, sind doch vielerorts noch Kreidetafel und Overhead-Projektor die Norm. Doch viele Lehrkräfte stehen der gar nicht mehr so neuen Technik kritisch gegenüber. Nur 23 Prozent glauben laut einer aktuellen Bertelsmann-Studie, dass diese den Schülern beim Lernen helfen kann.

Bei der Ausstattung greifen die engagierten Lehrer oft auf Material von Drittanbietern zurück. Populär ist zum Beispiel der Computer Raspberry Pi. Er wurde von der gemeinnützigen Raspberry Pi Foundation in Großbritannien entwickelt und dient dem Zweck, jungen Menschen Programmieren nahezubringen. Das Gerät hat nur eine Platine, alle Bauteile sind an derselben Leiterplatte befestigt. Durch diese sehr simple Bauweise lässt sich die Funktionsweise der Hardware gut nachvollziehen. Auch die Kosten sind gering, je nach Modell liegen sie bei fünf bis 35 Dollar.

Ein Raspberry-Pi-Modell.