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Keine Querdenker erwünscht: Personalentscheidungen als Innovationshemmnis

Effizient oder kreativ? Personaler müssen sich entscheiden.

Der Bewerber als eierlegende Wollmilchsau ist kein neues Phänomen. Wer sich Stellenausschreibungen ansieht bekommt schnell das Gefühl unterqualifiziert zu sein, denn die Ansprüche von Unternehmen sind oft enorm hoch. Neu ist jedoch der Widerspruch zwischen Selbstdarstellung und tatsächlich gelebter Personalentscheidung. Denn gerade Unternehmen, die sich als offen, innovativ und kreativ darstellen wünschen sich mehrheitlich angepasste Mitarbeiter.

Zu dem Ergebnis kommt jedenfalls Andrea Derler, die dem Thema an der Fernuniversität Hagen nachgegangen ist. „Über persönliche und fachliche Fähigkeiten ihrer Mitarbeitenden haben Führungskräfte implizite Idealvorstellungen. Zum Beispiel bei der Personalauswahl“, fasst Derler den Forschungsstand zusammen. Offen ist hingegen: „Welche Idealvorstellungen das genau sind.“ Dieser Frage ist Derler nachgegangen und kam zu überraschenden Ergebnissen.

„Die Top drei Angaben sind Verlässlichkeit, Produktivität und Loyalität“, resümiert Derler. Vor allem Führungskräfte in sogenannten „Konzern-Kulturen“, vor allem Großunternehmen, fordern von ihren Beschäftigten viel Leistung und schnelle Resultate. „Konzern-Managerinnen und -Manager hatten in den Befragungen auch die umfassendsten Vorstellungen von ihrem idealen Mitarbeitenden.“

Innovationsorientierte Unternehmen bietet Raum zur Entfaltung

Sogenannte „Flexible Organisationen“ stehen diesen „Konzern-Kulturen“ jedoch entgegen. Die Führungskräfte dieser Unternehmen hatten kein konkretes Ideal-Profil. Der Grund: „Sie sind innovationsorientiert und bieten Mitarbeitenden Raum, das eigene Potential zu entfalten. Diese Unternehmen passen sich nicht einfach nur dem Markt an, sie gestalten ihn auch aktiv“, erklärt Andrea Derler.

„Die meisten der untersuchten Unternehmen bevorzugen angepasste Beschäftigte.“ Unter den zehn erwünschtesten Eigenschaften finden sich daher auch noch Fleiß, Höflichkeit und Teamfähigkeit. Unterwünschte Eigenschaften: Selbstbewusstsein, Unbelehrbarkeit und Abweichung von Firmentrends. Mitarbeiter mit genau diesen Eigenschaften gelten gemeinhin jedoch als Innovationstreiber.

„Es ist ein Widerspruch zwischen Außendarstellung und gelebter Praxis.“ Denn die meisten der befragten Unternehmen sehen sich als innovativ und offen für Neues“, fand Derler heraus. „Den meisten Führungskräften sind ihre impliziten Anforderungen nicht bewusst.“ Doch diese führen dazu, dass immer ähnliche Kandidatinnen und Kandidaten ausgewählt werden, die das Unternehmen im Zweifelsfall kaum voranbringen.

Den idealen Mitarbeiter gibt es nicht

Im Interview mit dem Portal HR Manager führt Derler aus: „Das ist insofern verblüffend, weil viele Organisationen in ihren Stellenausschreibungen behaupten, sie suchten kreative Köpfe, die selbstständig denken und innovativ sind. Das kann durch die Resultate dieser Studie durchaus in Frage gestellt werden und man kann annehmen, dass Führungskräfte eigentlich lieber Mitarbeiter haben, die machen, was sie gesagt bekommen.“

Derler schlägt daher vor: „Unternehmen sollten bei der Personalauswahl auch prüfen, welches Innovationspotential Beschäftigte mitbringen.“ Und mahnt: „Den idealen Mitarbeiter gibt es prinzipiell nicht. Mit meinen Studien wollte ich zeigen, dass das Bild des idealen Mitarbeiters über den organisationalen Kontext entstehen kann. Bemühungen, das anzuerkennen, würde für erheblich mehr Diversität und Intrapreneurship sorgen.“