Gastbeitrag: Einbeziehen aller Schlüsselpersonen des Unternehmens
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Wie gelingt disruptive Innovation?
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Innovation ist eine Führungsaufgabe

Zu wenig Investition, zu sehr auf das Ausland fokussiert, zu lange Implementierung und zu hohe Rendite-Erwartungen – die Mängel-Liste von Henning Kagermann, Präsident der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften ist lang. „Heute leben wir von der Substanz und unseren Lorbeeren. […]Das ist ein längerfristiger, gefährlicher Trend", so der ehemalige Vorstandsvorsitzende bei SAP.

Es bestehe deshalb die Gefahr, dass die nachfolgenden Generationen für das zahlen müssen, findet auch Günter Schust. Er ist Dozent für Leadership, Projekt- und Innovationsmanagement an mehreren internationalen Hochschulen und Mitglied im Beratergremium der Unternehmensberatung Scopar. Schust meint, deutsche Lobbypolitik habe beispielsweise die Reduzierung der Kohlenstoffdioxid-Emissionswerte im Verkehr- und Bauwesen über mehr als 10 Jahre verhindert, was dazu geführt habe, dass nun andere Länder die Nase vorn haben.

Gut 85 Prozent der Patentanmeldungen seien in der Hand japanischer, südkoreanischer, amerikanischer und chinesischer Firmen, so eine Studie. Umweltschonende Produkte und Dienstleistungen sowie Neuerungen mit hohem Umweltnutzen zu realisieren, sei aber die Herausforderungen von Unternehmen für die kommenden Jahrzehnte.

Innovationsfähigkeit versus Wettbewerb

Hierbei werden „geniale“ Ideen und Lösungen verlangt, seien es die Ausrichtung auf die Nachhaltigkeit, die komplette Neukonzeption CO2-neutraler Fabriken oder die Einführung effizienter digitaler Unternehmensprozesse. Denn eines sei sicher, zukünftig werden sich Unternehmen nur noch durch ihre intelligente Arbeits- und Führungsweise, ihr optimal vernetztes Wissen sowie durch ihre schnellere Lern- und Lösungsfähigkeit unterscheiden.

Smart (Intelligent) Lernen und Arbeiten

Immer noch investieren laut Schust Unternehmen das 10- bis 100-fache in die Instandhaltung der Maschinen und Anlagen, statt in die Wissens-Instandhaltung der Mitarbeiter. Die Praxis sei entscheidend.. Das Wichtigste für den Unternehmensfortschritt, seien Wissen und Kompetenzen der Führungskräfte und Mitarbeiter. Diese müssten so eingesetzt und vernetzt werden, dass dabei der größtmögliche Wirkungsgrad und kapitale Mehrwert erzielt wird.

Dazulernen aus Projekten wird plötzlich für alle das Ziel jeder Tätigkeit.

Anwendung von Wissen und Gelerntem werden in Zukunft parallel bewältigt. Dieses Wissen und die Erfahrungen in den Schlüsselstellen zu generieren und dort hinzubringen ist die Führungsaufgabe der Zukunft, sagt Schust. Menschen „lernen und wachsen“ an komplexen Aufgaben und Herausforderungen. Sie wenden gerne ihr erworbenes Wissen an und generieren dadurch wieder neues Wissen und neue Erfahrungswerte und damit attraktive Lösungen für das Unternehmen. Doch jede Führungskraft müsse von dieser Vorgehensweise überzeugt sein und eine hierarchiefreie Wissensvernetzung wollen. Erst hierdurch könne eine hohe Lernkurve bei Mitarbeitern im Unternehmen erreicht werden.

Smart Leadership heißt intelligent kommunizieren und vernetzen

Letztlich kommt es darauf an, dass Innovation dort stattfindet, wo (länderspezifische) Einsparungs- und Wachstumspotenziale angesiedelt sind, findet Schust. Deshalb sind innovative Produkte und Dienste immer von den Nutzern und von der Umwelt her zu denken. Alle Mitarbeiter und auch die Führungskräfte reflektieren dabei regelmäßig ihr Denken, Verhalten und Handeln und lernen „Neues“ dazu.

Der Verwaltungsratsvorsitzende von Google bringt es auf den Punkt: „Unser Ziel ist, die Verbesserung unserer Entwicklungen, Projekte und Geschäfte um den Faktor 10 – nicht bloß um 10 Prozent. Unser Businessmodell ist Innovation."

Damit Unternehmen zu gesteigerter Innovationskraft kommen, müssten sie nach Rust folgende Maßnahmen angehen:

  1. Das Wissen sowie Erfahrungswerte müssen bei Schlüsselmitarbeitern, Experten, Externen und Sublieferanten erfasst und für andere im Netz und / oder in der Cloud gesichert zugänglich gemacht werden. Praxistipp: Wissensbaum = Einrichtung einer Mitarbeiter Potential- / Kompetenzendatei.

  2. Die Wissens- und Erfahrungsdokumentation sowie Weitergabe muss auch bei Stellenwechsel bzw. Austritt der Mitarbeiter sichergestellt sein. Praxistipp: Wissensstafette = Einrichtung eines Leader- und Mitarbeiterportfolios.

  3. Die (Wissens-) Promotoren und Transferagents aus Produktmanagement, Technik, Entwicklung, Qualität, Einkauf und Vertrieb werden zur Dokumentation und Wissensweitergabe vertraglich verpflichtet. Praxistipp: Wissenslaufliste = Einrichtung einer Potentialförderdatei.

  4. Kurzreviews von Projekten mit Partnern, Kunden, Lieferanten und externen Beratern werden bereitgestellt, damit andere vom Erfolg, aber auch von Fehlern, lernen können mit SWOT-Analyse oder Balanced Scorecard. Praxistipp: Wissensbilanz = Optimierung der Projektdokumentation und -schulung.

  5. Die Zusammenarbeit mit Wettbewerbern, Partnern, Kunden und Lieferanten muss optimiert und iterativ bearbeitet werden, damit sich der Horizont für Dienstleistungs- und Technologienischen erweitert. Praxistipp: Interdisziplinärer Wissenstransfer = Schmieden von (neuen) Allianzen – innerhalb traditioneller als auch disruptiver Branchen

  6. Das Hinterfragen sämtlicher (auch neuer) Entwicklungen / Produkte / Dienste auf den Grad ihrer Einsetzbarkeit (Chancen / Risiken) in möglichen Geschäftsfeldern, landesspezifischen Märkten und Channels. Praxistipp: Service Engineering und Technology Sourcing= Einrichtung einer 360º-Zukunftsradaranalyse mit Frühwarnmonitoring.