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Industrie 4.0: Schicksalsfrage der Industrie oder nur eine Worthülse?

Siemens präsentiert sich auf der Hannover Messe (Archivbild 2012) / Quelle: Ra Boe / Wikipedia / CC by SA 3.0

Seit einiger Zeit geistert der Begriff Industrie 4.0 wieder durch die Manageretagen und über die Messegelände der Republik. Auf der diesjährigen Hannover Messe ist die vierte industrielle Revolution ein leitendes Thema.

Und so melden sich erneut auch zahlreiche Experten, Manager und Beobachter zu Wort – zuletzt zum Beispiel Siemens-Vorstand Joe Kaeser der in der Bild am Sonntag von der Schicksalsfrage der deutschen Industrie spricht.

„Für Deutschland wie für Siemens geht es darum, die heutige technologische Führerschaft und Vordenkerrolle in der industriellen Produktion zu verteidigen. Industrie 4.0 ist die Schicksalsfrage der deutschen Industrie, die sie aber global beantworten muss“, sagte Kaeser der BamS.

Wachstumstreiber und Game Changer

Und weiter: „Industrie 4.0 ist eine Revolution, die die 2020er-Jahre bestimmen wird. Sie wird ganze Geschäftsmodelle und die Industrie weltweit verändern.“ Neben Kaeser äußerten sich dieser Tage mehrfach Vertreter der Industrie zu dem Thema.

BDI-Präsident Ulrich Grillo, der im vergangenen Jahr noch davor warnte abgehängt zu werden, sieht die Vernetzung und Digitalisierung von Fabriken als wichtigen Wachstumstreiber. „Wir erwarten in diesem Jahr einen Zuwachs des Bruttoinlandproduktes von rund zwei Prozent“ so Grillo gegenüber dem Handelsblatt.

15 Milliarden Euro Wertschöpfungspotenzial

Eine Studie des Fraunhofer-Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO) und des Branchenverbands Bitkom kommt unterdessen zu dem Ergebnis, dass „echtzeit-fähige, intelligente, horizontale und vertikale Vernetzung von Menschen, Maschinen, Objekten sowie Informations- und Telekommunikations-Systemen“ allein im deutschen Automobilbau bis 2025 ein zusätzliches Wertschöpfungspotenzial von 15 Milliarden Euro bringen.

Norbert Gronau von der Universität Potsdam äußert gegenüber der Welt dennoch Bedenken: „Das Misstrauen gegenüber der Informationstechnologie ist groß. Zudem denken viele, Industrie 4.0 sei nur etwas für Großkonzerne, Autohersteller oder Serienfertiger“, sagt Gronau, der den Lehrstuhl für Wirtschaftsinformatik und Electronic Government inne hat. Befragungen von Managern zeigen: Nur etwa ein Viertel kann überhaupt etwas mit dem Begriff Industrie 4.0 anfangen.

"Industrie 4.0 verändert alles."

Laut Michael Ziesemer wird sich das nun schnell ändern. Der neue Präsident des Zentralverbands Elektrotechnik und Elektronikindustrie (ZVEI) sieht die Zukunft der Branche im Geiste der Industrie 4.0.

Er ist sich sicher: „Industrie 4.0 verändert alles: von der Produktion bis hin zum Dienstleistungsgeschäft.“ Schon heute gehöre Deutschland zu den führenden Ausrüstern moderner Anlagen für die Industrie 4.0 – wer hier den Anschluß verpasse sei schnell abgehängt, so Ziesemers Fazit.

Wie weit die Durchdringung der Industrie mit digitalen Komponenten im Sinne der vierten industriellen Revolution fortgeschritten ist, lässt sich schwer abschätzen. Auf der Hannover Messe werden Besucher sicher schnell den Eindruck gewinnen, die Industrie 4.0 sei längst Alltag. Dabei zeigt sich hier vermutlich nur die Avantgarde – und die gezeigten Ausstellungsstücke sind nicht immer praxistauglich.

Ob Schicksalsfrage oder Worthülse, darüber werden wir noch streiten bis sich tatsächlich ein gesellschaftlicher Umbruch zeigt – bis dahin heißt es abwarten und über Pilotprojekte staunen.

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