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Fintechs machen Banken das Leben schwer

Die EU-Kommission will mit einem neuen Regelwerk Innovationen im Zahlungsverkehr vorantreiben. Fintechs sind die klaren Gewinner. Banken hingegen sehen ihre Gewinne in Gefahr.

Eine neue Richtlinie der Europäischen Union soll die Innovationen im Bankensektor vorantreiben. Doch statt für Aufbruchsstimmung sorgt sie für Unruhe in der Branche. Denn, wenn ab dem 13. Januar die Payment Service Directive 2 (PSD2) gilt, könnten die Bankengewinne dramatisch einbrechen. Zu diesem Schluss kommt eine aktuelle Studie der Unternehmensberatung Roland Berger. Die Experten glauben, dass die Erträge der Geldhäuser um bis zu 40 Prozent im Privatkundengeschäft zurückgehen könnten.

Der Kern der neuen Richtlinie: Künftig sind nicht mehr die Banken, sondern die Kunden Herr über ihre Kontodaten. Sie dürfen ab Januar 2018 entscheiden, ob nur ihre Hausbank oder auch Drittanbieter auf ihre Daten zugreifen dürfen. Zu den Drittanbietern gehören dabei neben Start-ups aus der Finanzbranche, den Fintechs, große Internetfirmen wie Facebook oder Amazon. Der Kunde könnte dann über eine einzige Plattform dieser neuen Anbieter auf all seine Bankkonten zugreifen und vor allen Dingen auch Zahlungen auslösen. Bisher war dieser Zugriff für Drittanbieter nur umständlich möglich. Zukünftig dürfte es deshalb mehr von ihnen auf dem deutschen Markt geben. Die Kunden freut das: Sie können ab 2018 zwischen vielen Anbietern das passende Angebot wählen.

Sebastian Steger, Partner von Roland Berger, sagt: „Mit der PSD2 werden die Daten von über einer Milliarde Konten für weitere digitale Dienstleistungen zugänglich. Neue Anbieter werden noch umfassender als bisher in den Markt drängen und das Geschäftsmodell der etablierten Dienstleister bedrohen – vor allem an der Kundenschnittstelle. Nach unseren Prognosen könnte das die etablierten Geldhäuser im Geschäft mit Privatkunden bis zu 40 Prozent ihres Gewinns kosten.“

Traditionelle Geldhäuser sehen sich dann ganz neuen Wettbewerbern gegenüber, die alle nur eines wollen: Die Daten ihrer Kunden. Damit lässt sich nachvollziehen, wofür und wie viel Geld ein Jeder im Monat ausgibt. Bisher versuchten die Banken diesen Schatz zu kontrollieren, um den Kunden passende Angebote rund um seine Finanzen zu machen. Diese Quer-Geschäfte, Cross-Selling genannt, machen einen großen Teil der Gewinne im Geschäft mit den Privatkunden. Mit Eintreten der neuen Richtlinie müssen sie nun eine Schnittstelle installieren, über die Drittanbieter auf die Kontodaten des Nutzers zugreifen können.

Die neue Richtlinie bietet auch Chancen für Banken

Um welche Informationen es im Detail geht, wird derzeit noch geklärt. Denn die Geldhäuser sträuben sich, alle Daten Preis zu geben. Sie fürchten, dass die neuen Anbieter sich mithilfe der Daten zwischen sie und die Nutzer schieben könnten. Die Banken würden dann zwar weiterhin die Infrastruktur und die Konten stellen, wären aber plötzlich außen vor. Die Kunden, so die Befürchtung bei den Geldhäusern, würden ihre Bindung an die Hausbank verlieren und sich in Finanzfragen künftig auch Rat von Drittanbietern holen.

Am Ende müsse der Innovationsschubser der EU-Kommission aber nicht unbedingt etwas Schlechtes sein, betont Thomas Sontheimer, Geschäftsführer für Financial Services bei der Unternehmensberatung Accenture. „Wichtig ist, dass die Banken künftig wesentlich kundenfreundlichere Lösungen anbieten. Darin liegt ihre Chance.” Bevor die Richtlinie im Januar in Kraft tritt, sollten sie versuchen, ihre digitalen Angebote zu verbessern. Dazu gehören etwa Plattformen, die dem Kunden eine geordnete Übersicht über seine Finanzen geben oder intelligente Algorithmen, die ihm sagen, wo er sein Geld wie anlegen sollte. Ähnliche Angebote würden auch Fintechs oder vielleicht sogar Facebook oder  Amazon vorbereiten. Die Banken müssten sich deshalb auf das neue Marktumfeld vorbereiten. Ob die aber tatsächlich 40 Prozent ihres Gewinnes einbüßen könnten, hält Sontheimer für äußerst fraglich. Er rechnet nicht damit, dass mit Eintritt der neuen Richtlinie übermäßig viele Anbieter auf den Markt strömen. “In dem Bereich lässt sich in Deutschland bislang wenig Geld verdienen”, sagt er. Nur wenn Drittanbieter wirklich bessere Leistungen anböten, hätten sie eine Chance, sich zwischen Kunden und Banken zu drängen. Ob das geschieht, bleibe abzuwarten.

Hinweis: Accenture ist Partner des Deutschen Innovationspreises. Dieser Text ist nicht im Rahmen dieser Kooperation, sondern redaktionell unabhängig entstanden.