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Einen Arzt per Klick buchen

Lange Wartezeiten ärgern die Patienten schon länger. Start-ups wollen Abhilfe schaffen. 

Wer nach einem Facharzt sucht, beispielsweise nach einem Orthopäden oder einem Gynäkologen, wird im Internet zwar viele finden. Doch wer dort anruft, wird oftmals vertröstet. Aussagen wie ‘Kommen Sie in zwei Wochen wieder’ oder ‘Der nächste Termin ist leider erst in fünf Wochen frei’ dürften die meisten Patienten kennen und dementsprechend ratlos vor dem Telefonhörer sitzen.

Gleichzeitig gibt es auf der Seite der Ärzte ein Problem, das vielen Patienten so nicht bewusst ist: Die vereinbarten Termine werden oft nicht wahrgenommen. Entweder weil sich das Problem von selbst gelöst hat, die zu Behandelnden woanders einen Platz gefunden oder Zeit und Datum vergessen haben. Die Folge: Der Behandlungszeitraum bleibt unbesetzt und kann nur durch Patienten aufgefüllt werden, die spontan in der Praxis vorbeischauen.

Das Problem, das beide Seiten betrifft, wollen nun Start-ups lösen. In Frankreich hat sich beispielsweise das noch junge Unternehmen „Doctolib” etabliert. Über die Webseite des 2013 gegründeten Start-ups können Patienten online einen Termin bei einem Arzt buchen. Der zahlt dafür 129 Euro im Jahr, die Kranken zahlen nichts. Was zunächst banal klingt, ist nach Angaben des Unternehmens hochgradig effektiv.

Durch das System würden beispielsweise lästige Telefonschleifen entfallen und Patienten würden häufiger erscheinen, weil sie vor dem Termin erinnert werden und ihn dann wahrnehmen oder mit wenigen Klicks absagen oder verschieben können. Ärzte könnten zudem frei werdende Kapazitäten schneller nachbesetzen. Gerade bei Ärzten, die in speziellen Fachbereichen tätig sind und das Wartezimmer nicht voller wartender Menschen haben, funktioniere das System gut, heißt es.

Neben den reinen Terminen speichert das System allerdings auch Untersuchungsergebnisse. Das kann zwar hilfreich sein, wenn ein Patient verschiedene Ärzte sieht, etwa weil er über die Webseite schneller an Termine kommt, doch werfen solche Speicherungen auch datenschutzrechtliche Bedenken auf. Was passiert, wenn das Unternehmen gehackt wird? Wer hat Zugriff auf die Daten? Doctolib winkt bei solchen Fragen ab, sagt, man würde die Daten selbst nicht verwenden und auch nicht darauf zugreifen und halte sich strikt an die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO).

Das Start-up ist mittlerweile auch in Deutschland gestartet und ist eines von hunderten Unternehmen, die sich im großen Bereich Telemedizin tummeln. Neben solchen, die Terminvereinbarungen anbieten, gibt es auch viele andere Formen der Digitalisierung in der Medizin. Das Start-up Teleclinic etwa lässt die Kranken sich mit einem Arzt verbinden, so dass diese direkt eine Diagnose und am besten auch eine Behandlung bekommen.

Das Münchener Start-up wurde 2015 von Katharina Jünger und zwei Kollegen gegründet. Kunden können sich dort registrieren und einem Assistenten ihr Anliegen und ihre Beschwerden schildern. Der entscheidet dann, ob ein Gang zum Arzt notwendig ist oder nicht und schickt den Patienten im Ernstfall an einen Mediziner weiter. Der wiederum ruft den Kranken innerhalb von 15 Minuten, zwei Stunden oder einer Woche zurück – je nachdem wie fachspezifisch die Auskunft sein muss. Einen Allgemeinmediziner bekommt man bereits nach einer Viertelstunde ans Telefon, ein Dermatologe sollte innerhalb einer Woche beim Patienten anrufen.

Als das Angebot an den Start ging, bewegte es sich noch in einer Grauzone. Eine Beratung durch einen Arzt, der seinen Patienten nie gesehen hatte, war damals nicht erlaubt. Erst später änderten sich die Gesetze und eröffnete sich ein Geschäftsmodell für TeleClinic. Mittlerweile haben nach Firmenangaben mehr als 10.000 Kunden das Portal genutzt und eine Behandlung erhalten. 38 Euro kostet die den Patienten. Das Geld fließt nach Angaben von TeleClinic an die Ärzte und die Krankenkassen. Nur einen kleinen Teil behalte man selbst.