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Digitales Bezahlen ist auf dem Vormarsch

Smartphone, Wearable, Karten: Längst gibt es den verschiedensten Wege, seine Einkäufe zu bezahlen. Doch die Deutschen hängen am Bargeld – was sich erst allmählich ändert.

Ein Blick in die schwedischen Kirchen sagt viel aus über das skandinavische Land. Der gute alte Klingelbeutel, wie ihn auch hierzulande viele Kirchengänger kennen, wird Stück für Stück ersetzt. Nicht, weil es während der Predigt zu laut wäre oder weil niemand mehr spenden wollte. Im Gegenteil: Die Schweden geben sehr gerne – nur eben keine Münzen oder Scheine. In einem Land, in dem das Bargeld auf dem Rückzug ist, kann man in vielen Kirchen seit über zehn Jahren beim Kollektomat bezahlen. Das ist ein in Holz verpackter Geldautomat am Eingang vieler Kirchen, darunter dem Dom von Uppsala.

Mehrere tausende Kilometer gen Osten sieht es ähnlich aus. In China wird alles – vom Kaugummi bis zum Auto – mit dem Smartphone bezahlt. Die dominierenden Apps vor Ort, Alipay und WeChatPay, machen zusammen rund eine Milliarde Kunden, die jedes Jahr einen gigantischen Betrag umsetzen.

Was in Schweden oder in China zum Alltag geworden ist, ist in Deutschland derzeit noch undenkbar. Doch auch in der Bundesrepublik setzen Händler, Kreditkartenfirmen und Banken darauf, dass die Deutschen künftig nicht nur ihre Karte zücken, sondern ihr Smartphone oder sogar ihr Armband an die Kasse halten und damit bezahlen. Deshalb rüsten die Geldhäuser die Giro- und Kreditkarten seit Jahren mit NFC aus, was ausgeschrieben Near-Field-Communication heißt. Dabei übertragen Karte und Kassenterminal in Sekundenschnelle die Bezahldaten untereinander und der Kunde hört nur ein kurzes Piep, wenn die Transaktion erfolgreich war. Mittlerweile sind 75 Prozent aller Kassenterminals in Deutschland mit der Technik ausgestattet.

Das hat auch die Begehrlichkeiten von Google und Apple geweckt, die am Kartengeschäft kein Interesse haben, wohl aber am mobilen Bezahlen. Im Juni 2018 ist deshalb GooglePay in Deutschland gestartet. Kunden einer der Partnerbanken, darunter die Commerzbank, können seitdem im Einzelhandel einfach ihr NFC-fähiges Handy ans Terminal halten, es piept und schon ist alles bezahlt. Auch ApplePay wolle noch “in diesem Jahr” starten, wie Tim Cook zuletzt auf einer Apple-Keynote bekannt gab. Bei den Apple-Jüngern hierzulande löste das Begeisterung aus. Sie versprechen sich von der Einführung sogar den Durchbruch des digitalen Bezahlens. Von Garmin und Fitbit gibt es Smartwatch-Modelle, mit dem etwa die Kunden im Fitness-Studio ihre Getränke zahlen können

Andere Unternehmen, wie etwa die Münchener Wirecard, denken bereits einen Schritt weiter. Zusammen mit Mastercard vertreiben sie ein Gummiarmband, das ebenfalls mit NFC ausgestattet ist und das Kunden künftig wie selbstverständlich an die Terminals der Einzelhändler halten sollen. Noch sind die Armbänder nur wenig verbreitet,  werden aber bereits bei Events wie etwa dem Hurricane Festival genutzt.

Zahlt in Deutschland also künftig niemand mehr mit Bargeld? Diverse Studien von Banken, Verbänden und Unternehmensberatungen sagen: nein. Denn noch zahlen die Deutschen 96 Prozent aller Einkäufe unter fünf Euro mit Bargeld und auch sonst ist der Anteil der Menschen, die mit dem Handy bezahlen mit sieben Prozent verschwindend gering. Am Ende, da sind sich die meisten einig, braucht es Anreize, um die Kunden vom Bargeld wegzulocken. Apple macht in den USA vor, wie es geht. Dort gibt es regelmäßig Rabattaktionen. Kauft der Kunde etwas über ApplePay, bekommt er einen Gutschein oder einen Coupon oder sogar einen Rabatt an der Kasse. Der Kunde freut sich und lässt das Bargeld stecken.