Die Sharing-Economy wird bei jungen Menschen immer beliebter. Die Industrie dahinter boomt und durchbricht in Deutschland die magische Marke von 20 Milliarden Euro Umsatz. Die Gründe dafür sind umstritten.
Mit 16 Jahren das erste Moped, mit 18 das erste Auto, kurz nach der Hochzeit dann das Eigenheim: In den vergangenen Jahrzehnten stand der eigene Besitz für viele Menschen im Vordergrund. Für die Generationen heute aber gilt das längst nicht mehr, sie teilen gerne: Die Wohnung mieten oder vermieten sie bei Airbnb, der Streaming-Account wird unter Freunden weitergereicht und in der Stadt fahren die Generation Y und Z mit einem Carsharing-Auto herum. Was vor Jahren noch undenkbar gewesen wäre, wird für viele – nicht nur – junge Menschen zusehends normal.
Allein im vergangenen Jahr nutzten rund 39 Prozent aller Deutschen Dienste der Sharing-Economy. Zu diesem Ergebnis kommt die aktuelle Studie “The New Business Model” der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (PwC). Darin heißt es, das Teilen von Musik, Autos oder auch Maschinen sei längst Teil eines digitalen Lebensstils geworden. PwC-Partner Nikolas Beutin, der den Bereich Customer Practice verantwortet, sagt: „Wie Smartphones vor wenigen Jahren die klassischen privat genutzten Film- und Fotokameras verdrängten, hat die Share Economy das disruptive Potenzial, in vielen Bereichen Eigentum durch zeitweise Nutzung von Produkten und Services zu ersetzen.“
Auch wenn es auf den ersten Blick erstaunen mag: Auch mit dem Teilen lassen sich gute Geschäfte machen. In Deutschland allein setzten die Sharing-Fans der Studie zufolge vergangenes Jahr rund 20 Milliarden Euro um. Für das kommende Jahr erwartet PwC einen Anstieg auf 24 Milliarden Euro. Die meisten Nutzer sind laut Studie zwischen 18 und 39 Jahre alt (53 Prozent) und tragen im Schnitt etwa 62 Prozent zum Umsatz bei. Mit höherem Alter nimmt die Nutzung der Angebote dann ab.
Besonders beliebt war es 2017, sich mit Freunden Medien zu teilen. Dazu zählt zum Beispiel ein gemeinsamer Netflix-Account oder aber ein Zeitungsabonnement. Rund 23 aller Befragten nutzten die Sharing-Angebote in diesem Bereich. Kurz darauf folgen Konsumgüter (20 Prozent) und Unterkünfte (17 Prozent). Gerade die Anbieter von Wohnungen, Häusern oder sonstigen geteilten Unterkünften dürften sich auf das nächste Jahr freuen. 40 Prozent der Befragten wollen kommendes Jahr die Sharing-Economy nutzen, viele davon bei den Airbnbs dieser Welt.
Als Grund für den Boom des Trends macht PwC aus, dass junge Menschen verstärkt auf den Preis achten. Etwa 50 Prozent aller Befragten habe angegeben, dass das Preis-Leistungs-Verhältnis besser sei als bei herkömmlichen Angeboten. Gerade einmal 25 Prozent nutzten die Angebote, weil sie die Umwelt schonen wollten.
Diese Ergebnisse aber sind umstritten. Daniel J. Kurth, Experte für die Sharing-Economy und Buchautor, hat im vergangenen Jahr die Gründe dafür untersucht, warum Menschen ihr Haus, ihr Auto oder ihr Fahrrad mit anderen teilen. Er befragte Nutzer von Car-Sharing-Diensten, die meisten aus der Generation Y und Z und kommt zu einem anderen Ergebnis als PwC. Laut seiner Umfrage ist der Hauptgrund, sich etwas zu teilen, nicht etwa die Wirtschaftlichkeit. Jugendliche wollen sich nur nicht mehr entscheiden und lieber etwas ausprobieren. Kurth sagte gegenüber der Technology Review: “Je geringer die Verbindlichkeit, desto eher nutzt der Kunde das Angebot, weil er sich so gar nicht mehr richtig entscheiden muss.” Der Wirtschaft dürften die Gründe egal sein. Sie erwartet auch im kommenden Jahr wieder einen Rekordumsatz. Geteiltes Glück, ist wohl doppeltes Glück.