Besonders in der Gesundheitsforschung sind die Deutschen gar nicht fortschrittskritisch.
Trotz aller Vorurteile: Die Deutschen stehen dem technischen Fortschritt mit einigen Ausnahmen positiv gegenüber. Im Vergleich zu anderen Ländern sind sie zwar immer noch kritisch, doch gerade die jungen Leute können das ändern.
Die Angst des Menschen vor neuen Technologien ist gut belegt. „Matrix“, „Blade Runner“, „Terminator“: Die Science-Fiction-Klassiker beschäftigen sich schon seit Jahrzehnten mit der Frage, was passiert, wenn etwa künstliche Intelligenz und Roboter außer Kontrolle geraten. Gerade den Deutschen wirft man immer wieder vor, dem Fortschritt mit einer gewissen Skepsis zu begegnen.
Doch tatsächlich scheint dieses Bild nicht zu stimmen: Eine Studie des Meinungsforschungsinstitutes Forsa zeigt, dass jeder zweite Deutsche bereit ist, für den technischen Fortschritt auch Risiken in Kauf zu nehmen. In bestimmten Bereichen befürworten sie neue Entwicklungen sogar noch einhelliger. Beispiel Krebstherapie: 99 Prozent der Befragten wünschen sich eine gezielte Weiterentwicklung von Krebstherapien. Für sicherere Kommunikationswege sprechen sich 93 Prozent aus.
Allerdings ist diese Begeisterung dann doch begrenzt. Gerade bei dem liebsten Produkt der Deutschen, dem Auto, scheinen viele den neuesten Entwicklungstrends nicht ganz zu trauen. Automatisiertes Fahren und den vermehrten Einsatz von künstlicher Intelligenz in Autos befürworten gerade einmal 26 Prozent der Umfrageteilnehmer.
Besonders risikofreudig sind junge Menschen. Bei den 14- bis 44-Jährigen sind sogar 60 Prozent bereit, Risiken für technischen Fortschritt in Kauf zu nehmen. Bei den über 60-Jährigen fällt dieser Anteil auf 40 Prozent. Auch das Bildungsniveau spielt eine Rolle. Menschen mit Abitur oder Studienabschluss sind zu 64 Prozent positiv gegenüber Neuerungen eingestellt.
Diese Ergebnisse stimmen mit anderen Studien aus den vergangenen Jahren überein. Meist zeigt sich in diesen Befragungen, etwa durch das Institut YouGov im vergangenen Jahr: Die meiste Angst haben Menschen vor Jobverlust durch Automatisierung und künstliche Intelligenz. Von solchen Entwicklungen sind traditionell eher Berufe betroffen, die Menschen mit geringerer beruflicher Qualifikation ausüben. Ebenfalls aus dieser YouGov-Studie ging hervor, dass ältere Menschen neuen Technologien vor allem aus Sorge um ihre Privatsphäre kritisch begegnen. Viele fürchten, dass Alexa und Co. heimlich mithören, was um sie herum passiert.
All die Sorgen der Deutschen findet man in anderen Ländern so nicht unbedingt. Der chinesische Technikkonzern Huawei verglich 2017 die Einstellung verschiedener Nationen zu Digitalisierung und Fortschritt. Dort zeigte sich unter anderem, dass 60 Prozent der Deutschen glauben, die Digitalisierung würde Arbeitsplätze kosten. 57 Prozent der Chinesen glauben unterdessen, dass sie sogar Arbeitsplätze schaffen kann. Auch Innovationen aus dem Tech-Sektor stehen die Chinesen deutlich positiver gegenüber.
Nichtsdestotrotz zeigt die aktuelle Forsa-Studie, dass die sprichwörtliche „German Angst“ nicht alle ergriffen hat. „Die oft genannte grundlegende Abwehrhaltung der Deutschen gegenüber Technikentwicklungen ist durch diese -Umfrage aus meiner Sicht widerlegt“, sagt Ulrich Simon, Forschungschef beim Optik- und Medizintechnikunternehmen Carl Zeiss, das die Studie in Auftrag gegeben hat. Gerade in Bereichen, in denen hochwertige Technologie gefragt sei – etwa in der Gesundheitsforschung – sei die Zustimmung zum Fortschritt ja hoch. Gute Nachrichten für den Oberkochener Konzern.