Viele Mittelständler wollen in absehbarer Zeit nicht in Innovationen investieren, weil ihnen das passende Personal fehlt. Das könnte nach hinten losgehen.
Deutschland gilt in der Welt noch immer als Land der Erfinder, der Tüftler, ist international ein Wirtschaftsprotz und bekannt für das, was vielen Ländern fehlt: den Mittelstand. Die abertausenden Unternehmen, oftmals familiengeführt, bilden seit jeher das Rückgrat der deutschen Wirtschaft. Doch sie drohen diese zentrale Rolle zu verlieren: weil die Innovationen ausbleiben.
Einer Studie der DZ Bank zufolge will in den kommenden drei Jahren ein Großteil der Unternehmen kein Geld in neue Innovationen stecken. Das ergab eine Umfrage unter rund 800 Mittelständlern in Deutschland. Ihr zufolge wollen gerade einmal 29 Prozent der Befragten in Innovationen investieren. Selbst bei den größeren Mittelständlern, die finanziell relativ komfortabel dastehen, sind es nur 33 Prozent. Noch 2017 wollten 54 Prozent der Manager großer Firmen Geld in Innovationen stecken.
Als Grund für die Zurückhaltung nennen die Firmen vorrangig nicht die schlechte Konjunktur oder den drohenden Handelsstreit zwischen den USA und China, sondern das Personal. Offenbar fehlt es in vielen Unternehmen an den nötigen Experten, um Innovationen voranzubringen; und wo keine guten Leute, da lohnt es sich auch nicht, viel Geld in die Hand zu nehmen. 68 Prozent der Unternehmer beschreiben den Fachkräftemangel als größtes Problem. Im Jahr zuvor waren es noch 61 Prozent. Das deckt sich auch mit den Zahlen anderer Studie. Das Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) hat ermittelt, dass mindestens 440.000 qualifizierte Arbeitskräfte fehlen.
Lieber mehr Effizienz statt neuer Produkte
Auch die Frage, ob sich Innovationen überhaupt lohnen, beschäftigt offenbar viele Unternehmen. Rund die Hälfte der befragten Mittelständler gab an, dass sie keinen entscheidenden Vorteil in den oftmals hohen Investitionen in Forschung und Entwicklung sehen. Oftmals würden Umsatz und Gewinn nur marginal gesteigert, beklagen sie.
Weil ihnen aber die Experten fehlen, müssen einige Unternehmen sogar Umsatzrückgänge in Kauf nehmen, zeigt die Umfrage des genossenschaftlichen Instituts. “Wenn bei zwei Dritteln der Mittelständler die Fachkräfte fehlen, um Innovationen voranzutreiben, leidet ihre Wettbewerbsfähigkeit”, fasst der Firmenkundenvorstand der DZ Bank, Uwe Berghaus zusammen. Als zweitgrößtes Hindernis sehen die Unternehmen in Deutschland die strengen gesetzlichen Vorschriften (58 Prozent).
Grundsätzlich fließt ein Großteil des investierten Geldes nicht in die Entwicklung neuer Produkte oder die Erschließung neuer Geschäftsfelder. Nur rund 59 Prozent der Mittelständler gaben das als erstes Ziel an. Vielmehr versuchen sie mithilfe von Innovationen ihre Effizienz zu steigern (92 Prozent). Das kann zwar sinnvoll sein, doch geben die DZ Banker zu Bedenken, dass die Unternehmen so auch schnell hinterherhinken könnten. DZ-Vorstand Berghaus sagt: „Es entsteht der Eindruck, dass im deutschen Mittelstand Innovationen nicht systematisch genug betrieben werden. Wenn Firmen deswegen den Anschluss an neue Märkte und Produkttrends verpassen, kann sich das rächen.“