Netdoktor bietet jetzt einen automatisierten Chat an.
Das Gesundheitsportal NetDoktor bietet ein intelligentes Sprachsystem an, mit dessen Hilfe Patienten etwas über ihren Beschwerden herausfinden können.
Der Chatbot Sapia soll Besuchern von NetDoktor.de helfen, mögliche Symptome besser einzuordnen. Sapia basiere dabei auf einem Algorithmus, der seit 2014 bereits für den Online-Symptomchecker des Portals eingesetzt wird, sagt Dr. Florian Geuppert, CEO von NetDoktor. Wer bei dem Symptomchecker Geschlecht, Alter und anschließend Schritt für Schritt seine Beschwerden möglichst detailliert angibt, erhält am Ende eine mögliche Diagnose mit Erläuterung.
Wer beim Chatbot rat sucht, muss sich dazu mit seinem Facebookprofil verknüpfen. Denn das Programm nutzt den Facebook Messenger. Das könnte für datensensible Kunden ein Hindernisgrund sein, die fürchten, Facebook könne sich ein Krankheitsbild von seinem Kunden machen. Eine andere Möglichkeit bietet das Münchener Unternehmen derzeit nicht an.
Am Ende des Gesprächs präsentiert der Bot drei bis fünf mögliche Verdachtsdiagnosen, ähnlich wie beim Symptomchecker. „Neben unserem stets sehr hohen Anspruch an die medizinische Qualität haben wir bei der Entwicklung von Sapia ein besonderes Augenmerk auf eine spielerische User-Experience gelegt“, sagt Geuppert.
Anders als das vergleichbare Programm arbeitet Sapia aber keinen starren Fragenkatalog ab. Denn der Chatbot-Algorithmus reagiert individuell auf die Antworten des Users. Dabei gewichtet er Haupt- und Nebensymptome unterschiedlich und bewertet von Fall zu Fall, welche Krankheitszeichen eine bestimmte Verdachtsdiagnose weiter stärken – oder unwahrscheinlich machen.
Der virtuelle Gesprächsverlauf beruht auf medizinischer Standardliteratur und ärztlichen Leitlinien und funktioniert somit ähnlich wie ein Gespräch beim Arzt. Zudem gibt Sapia Warnhinweise bei bedrohlichen Symptomen oder Diagnosevorschlägen. Einen Arzt ersetzen kann allerdings auch Sapia nicht: „Dafür müsste ich dich sehen und genauer untersuchen können“, erklärt der Bot seinen Besuchern, bevor er die Verdachtsdiagnosen präsentiert.
Erst Anfang Mai hat sich der deutsche Ärztetag für die Behandlung über Video oder Telefon ausgesprochen. Bisher war das Fernbehandlungsverbot in Deutschland sehr strikt. Bis auf wenige Modellprojekte ist es Ärzten in der Bundesrepublik verboten, Patienten aus der Ferne zu behandeln. Auch Gesundheitsminister Jens Spahn hatte sich auf der Veranstaltung für die Nutzung der neuen technischen Möglichkeiten ausgesprochen.
Telemedizin wurde lange als Bedrohung ärztlicher Standards in Deutschland gesehen. Gegner der Methode befürchten, dass das klassische Arztgespräch in ein Callcenter ausgelagert wird.
Mit Sapia geht Netdoktor allerdings noch einen Schritt über die herkömmliche Telemedizin heraus.
Um den Diskussionen über die Telemedizin aus den Weg zu gehen, versichert Netdoktor, dass der Chatbot Sapia keinen Arzt ersetzen soll. Im Chat wird einem das am Ende auch ganz unmissverständlich erklärt, um Nutzer nicht über die Notwendigkeit eines möglicherweise erforderlichen Arztbesuchs hinwegzutäuschen.
Derzeit greift Sapia auf Datenbank mit rund 770 Symptomen und 560 Diagnosen zu. Dieser Bestand wird laufend erweitert. Und der Chatbot lernt ständig dazu. In einem nächsten Update soll ergänzend zu den Verdachtsdiagnosen auch eine Empfehlung angezeigt werden, welchen Facharzt der potenzielle Patent bei diesen Beschwerden aufsuchen sollte.
Das Gesundheitsportal wurde schon 1999 gegründet. Ziel war medizinische Informationen zu den wichtigsten Krankheiten, Symptomen, Untersuchungen und Medikamenten zu liefern. NetDokotor erstellt aktuell pro Jahr über eine Million Diagnose-Vorschläge auf Basis einer von Ärzten entwickelten Datengrundlage.