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Angriff auf die Internetgiganten

Deutsche Konzerne arbeiten an einem Generalschlüssel fürs Internet. Sie wollen dem Log-in-Button von Internetgiganten wie Facebook oder Google Konkurrenz machen – und gehen dabei sogar noch einen Schritt weiter.

Deutschlands Unternehmen entdecken die digitale Identität für sich. Gleich drei große Allianzen wollen Facebook und Google die Datenhoheit streitig machen und preschen zurzeit mit eigenen Lösungen vor, um sich im Internet ausweisen zu können. Wer sich bisher auf einer Webseite einloggen wollte, der musste sich entweder registrieren oder konnte sich mit seinem Google- oder Facebook-Account anmelden. Meist ist es bequemer, das schon vorhandene Profil bei einem der Internetgiganten zu nutzen – so greifen die US-Konzerne massenhaft Daten über ihre Nutzer ab.

Was lange als unumgänglich galt, soll sich nun ändern. Denn die Elite der deutschen Konzerne hat erkannt, wie wichtig Daten im 21. Jahrhundert sind und will eine sichere, deutsche Variante etablieren. Gleich drei große Datenallianzen haben sich in den vergangen zwei Jahren hervorgetan, alle mit ähnlichen Konzepten.

Die wohl größte und erfolgversprechendste Plattform ist das Start-up mit dem Kunstnamen verimi (verifiy me, verifiziere mich). Es hat bereits 100 Millionen Euro Wagniskapital eingesammelt und wird von der Bundesdruckerei, der Lufthansa, Daimler, Volkswagen Financial Services, der Allianz, der Deutschen Bank und weiteren namhaften deutschen Großkonzernen unterstützt.

Die Idee ist ähnlich wie bei Google oder Facebook: Der Nutzer gibt einmal all seine Daten ein und kann sich fortan bei allen Partnern des Netzwerks über den giftgrünen Verimi-Button einloggen. Die Allianz geht sogar einen Schritt weiter als die US-Giganten. Denn sie will nicht nur ein Log-in, sondern gleich eine rechtssichere digitale Identität schaffen. Der Nutzer kann also auf einer sicheren Plattform die Informationen seines Personalausweises und seiner Bank hinterlegen. Will er künftig ein Auto mieten, einen Flug buchen oder einen Behördengang tätigen, reicht ein Klick. Niemand soll sich mehr damit herumschlagen, seine Kreditkartennummer oder sonstige Informationen einzugeben. Die Daten, so verspricht es verimi, sind dabei absolut sicher. Mehrere Hacker-Attacken wurden bereits erfolgreich abgewehrt. Die Konzerne können zudem nicht auf alle Daten zugreifen, was verhindern soll, dass verimi ähnlich wie Google eine Datenkrake wird.

Die Sparkassen und ProSieben gehen eigene Wege

Deutsche Bank, Allianz & Co. versprechen sich von dem Projekt viel. Markus Pertlwieser, Digital-Vorstand bei der Deutschen Bank und Sprecher der Gesellschafter sagt: „Unser Geschäftsmodell ist eine wirkliche Alternative zu den großen Plattformen. Alle an Verimi beteiligten Unternehmen eint die Überzeugung, dass die Hoheit der Kunden über ihre Daten von größter Bedeutung für die Gesellschaft und Wirtschaft unseres Landes und Europas ist.“

Noch ist das Projekt aber ein kleines. Gerade einmal ein paar tausend Nutzer haben sich auf der Plattform angemeldet und auch sonst ist der Button noch nicht überall verfügbar. Das soll sich im Herbst ändern, wenn verimi mit einer großen Werbekampagne an den Start geht.

Ähnliche Projekte wie verimi sind etwa YES, ein Schweizer Unternehmen, das noch in der Anfangsphase steckt. Der erste Partner aber sollen die deutschen Sparkassen sein. Wie das Produkt dann genau aussieht, wird sich noch zeigen müssen. Etwas weiter ist hingegen NetID. Das Projekt, das unter anderem von ProSieben unterstützt wird, soll näher am Google-Modell als an verimi sein. Zwar soll es einen Single-Sign-on (so der Fachbegriff) geben, eine komplette, rechtssichere Identität ist allerdings bisher nicht auf dem Markt. Am Ende wird sich zeigen, wer den Kampf um die Datenhoheit gewinnen wird.